man-altered landscapes / analoge Screenshots aus GTA V
man-altered landscapes / Ansichten
new new topography / mit Jakob Schreiter
Lange war das Konzept des Firmaments als erdumwölbendes Befestigungswerk der Himmelskörper wesentlicher Bestandteil des Weltbilds. Nach dieser Vorstellung ist das Himmelszelt eine Kulisse der Welt, ein Blue Screen, der sie als letzte Grenze der physischen Realität umgibt. Dahinter befindet sich das eigentliche Himmelreich. Hier ist der Sitz des Überirdischen, der schöpfenden Kulissenbauer, die alles Physische gestalten und koordinieren.
In seiner 1888 veröffentlichten Publikation „L’atmosphère“ stellte Camille Flammarion den Holzschnitt „Wanderer am Weltenrand“ als Werk eines unbekannten Künstlers des 16. Jahrhunderts vor. Mit der Darstellung des Wanderers, der einen Riss im Firmament findet, durch welchen er den Gang der Weltordnung schauen kann, wollte Flammarion belegen, wie fehlgeleitet die Weltvorstellung des Mittelalters war. Ironisch kommentiert, ließ er seinen eigenen Kenntnisstand folgen. Gefertigt wurde der Holzschnitt in einer Mischung spätmittelalterlicher Stile von einem Grafiker des 19. Jahrhunderts im Auftrag Flammarions. Das Skript vom getäuschten Wanderer: selbst eine gut inszenierte Täuschung (lateinisch simulatio).
Die Simulation ist ein gerechnetes So‑tun‑als‑ob. Das aus ihr generierte Bild ein logisches. Die zu Grunde liegende Logik in Form von Codes ist geschriebene, schreibende Architektin. Als Szenografin errichtet sie provisorische Bauten (griechisch skene: Zelt / graphikos: die Schrift, das Zeichnen betreffend). Sie ist die Anleitung zum Errichten von Kulissen als Handlungsräume. Aus Fiktionen werden faktische Wirklichkeiten. Die frei konstruierten Räume sind menschengemachte Landschaften, mehr oder weniger konkret gestaltete Schauplätze, den jeweiligen Ansprüchen angepasst: new New Topography.
Im fotografischen Bild schreiben sich Störungen ein, die auf den Prozess der eigenen Entstehung verweisen. Der Blendenfleck, die Aberration, das Staubkorn: Ikonen der Stofflichkeit. Risse im Himmelszelt, fragile Momente spukhafter Wirklichkeit, die den Bildraum überzeichnen. Als stilistische Elemente in die fotorealistische Simulation übernommen, sind sie vertraute Zeichen gegen die distanzierte Schärfe geometrischer Konstruktion. Eine Bildsprache in gewohnten Begriffen.